Norbert Elias und der Zwang zur Angstverinnerlichung

By |2022-11-30T07:11:49+00:00Juni 6th, 2021|AnGSt|

Für den Soziologen Norbert Elias haben die modernen Angsterkrankungen zweierlei Ursachen: sich ständig wechselnde Zwänge und ein negatives Selbstbild. Sie lösen bei den Menschen immer wieder ein Angsterleben aus, warum sie auch eine andauernde Bedrohung darstellen. Geprägt werden beide durch die verinnerlichte Angst. Sie produziert am laufenden Band neue Angstvorstellungen und versetzt den Organismus überhaupt erst in einen Zustand der Dauererregung. Elias’ Überzeugung nach wird die Angstverinnerlichung von den Oberschichten erzwungen, die ihre eigene Angst vor Macht- und Prestigeverlust zu bewältigen versuchen. […]

Symbole der Angst (4) – Der Galgen

By |2024-01-22T18:03:56+00:00Juni 20th, 2020|AnGSt|

Die ältesten Machtsymbole entsprangen dem Totenkult und damit der Angst vor dem Sterben. Sie versinnbildlichen seit jeher die Herrschaft über das Leben und die Gesetze des Überlebens. In frühster Zeit standen diese Symbole für den Erhalt der göttlichen Ordnung und die Umsetzung des ebenso göttlichen Willens im Diesseits. Doch schon bald wandelten sie sich zu Zeichen der weltlichen Herrscher, die dem Volk den eigenen Willen aufzuzwingen versuchten. Zu ihnen zählt auch der Galgen. Er verbreitet seit vielen Jahrhunderten die Angst vor der Todesstrafe. […]

RAF – Terrorangst in Deutschland

By |2022-12-21T07:19:12+00:00September 1st, 2019|AnGSt|

Die „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) war eine linksradikale Gruppe, die zwischen 1970 und 1998 von West-Berlin aus mit Mordanschlägen, Sprengstoffattentaten, Entführungen und Geiselnahmen die damalige Bundesrepublik Deutschland (BRD) in Angst versetzte. Ihr Ziel war es, den „staatlichen Herrschaftsapparat“ zu zerstören und die Ungerechtigkeit durch den Kapitalismus zu beseitigen. Ihre Aktionen haben letztlich aber nicht nur die Furcht vor dem Terror und vor weiblichen Terroristen geschürt. Sie haben auch zur staatlichen Einschränkung der Menschen-, Grund-, und Bürgerrechte geführt. […]

Thukydides und die Furcht der Spartaner

By |2023-11-27T11:02:03+00:00Juni 1st, 2019|AnGSt|

Die Angst ist die wichtigste Triebkraft des Menschen und entscheidet über sein Denken und Verhalten. Davon überzeugt war auch der antike Historiker Thukydides. Sein grösstes Werk dokumentiert den „Peloponnesischen Krieg“ (431-404 v. Chr.), den grössten Krieg in der Geschichte des klassischen Griechenlands – und für manche Wissenschaftler der erste „Weltkrieg“ der Menschheitsgeschichte überhaupt. Als seine Ursache nennt Thukydides die Furcht der Spartaner vor der Athener Konkurrenz. Doch ist das die ganze Angst-Geschichte? […]

Erich Fromm und die Angst vor sozialer Isolierung

By |2023-12-03T09:20:10+00:00Mai 1st, 2019|AnGSt|

Die Angst ist ein Überlebensmechanismus. Ihre Aufgabe ist es, eine gesunde Wechselbeziehung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt zu gewährleisten. Wird diese Beziehung gestört, da er sich der ständigen Bedrohung ausgesetzt sieht, erkrankt er irgendwann an ihren biologischen Mechanismen. In den Industrieländern ist die Verbreitung von Ängsten Machtfaktor und Geschäft zugleich. Die „Massen“, ihre „Meinungen“ und ihr „Verhalten“ sollen schliesslich gezielt manipuliert und gesteuert werden. Nach Erich Fromm appellieren alle diese krankmachenden Ängste an die Hauptangst des modernen Menschen: die Angst vor sozialer Ausgrenzung. […]

Orson Welles und die Massenpanik der anderen Art

By |2023-10-28T13:43:09+00:00Oktober 30th, 2018|AnGSt|

Am 30. Oktober 1938 brach an der Nordostküste der USA eine Massenpanik aus. Im Radio war gemeldet worden, dass in New Jersey ein Raumschiff gelandet sei und Marsbewohner eine Invasion gestartet hätten. Das Ereignis, das sich am Abend vor Halloween abspielte, ging ins emotionale Gedächtnis der amerikanischen Bevölkerung ein – und schrieb selbst wieder Angst-Geschichte. […]

Die Maori und die Angst

By |2023-11-16T07:50:42+00:00September 14th, 2018|AnGSt|

Die Angst hat ein Janusgesicht. Einerseits ist sie das „freudige“ Aufgeregtsein und das „drängende Verlangen“ nach etwas oder jemandem. Andererseits ist sie das „beunruhigende“ Aufgeregtsein, das den stets drohenden Tod erahnen lässt. Den frühen Naturvölkern war das Doppelgesicht der Angst noch bekannt. Auch die Maori, deren polynesische Vorfahren vor ungefähr 6‘000 Jahren von Südostasien aus aufbrachen und den pazifischen Raum eroberten, besassen noch das natürlich-ganzheitliche Angstverständnis. Es offenbart sich in ihrer religiösen Vorstellungswelt, ihren kulturellen Ritualen und in ihrer Sprache. […]

1. Weltkrieg (5/5) – Angstneurosen und Invalidität

By |2021-06-06T16:55:45+00:00August 17th, 2018|AnGSt|

Die Invaliden und Kriegsneurotiker brachten den Schrecken des Weltkriegs in ihre Heimat. Das Bild des Gegners wurde zusehends durch ein neues Feindbild ersetzt, das kaum mehr menschliche Züge aufwies. Für die Öffentlichkeit und Behörden stellten die Kriegsgeschädigten eine der grössten Herausforderungen dar, zerstörten sie doch das heroische Selbstbild der eigenen Nation. In der Auseinandersetzung mit ihnen spiegelt sich die kollektive Angst vor der Sinnlosigkeit des geführten Krieges wider, die alle europäischen Gesellschaften von Beginn des Ersten und bis Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beherrscht hat. […]

1. Weltkrieg (4/5) – Waffenschreck und totale Vernichtung

By |2021-06-06T16:43:12+00:00August 3rd, 2018|AnGSt|

Ausgerechnet diejenigen Nationen, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts als die zivilisiertesten bezeichneten, haben den Ersten Weltkrieg geführt. Sie alle stockten jahrzehntelang ihre Arsenale auf, um für diesen „Grossen Krieg“ gerüstet zu sein. Und sie alle hatten nur das eine Ziel: zur ultimativen Grossmacht Europas aufzusteigen und die Industrialisierung des eigenen Landes voranzutreiben. Doch aus dem „kurzen“ Entscheidungskrieg, den alle herbeigesehnt hatten, wurde letztlich der „totale“ Krieg, der ganze Generationen vernichtete. Während die Infanteristen an der Front wie „am Fliessband“ starben, beschäftigten sich die Führungseliten nur mit zweierlei Hauptfragen: Wer kann mehr „Menschenmaterial“ opfern? Wer hat die besseren Waffen, [...]

1. Weltkrieg (3/5) – Die Angst vor Spionen und der Femme fatale

By |2021-06-06T16:39:06+00:00Juli 20th, 2018|AnGSt|

Die Kriegsrealität wird durch Verdacht und Misstrauen beherrscht. Ihnen voraus geht die Angst vor einem Verrat oder einer Täuschung. Aktiviert die Angst den Menschen, wird er aufmerksam. Automatisch sucht er nach dem Auslöser für seine Furcht. Ist er ausgemacht, gilt es, entweder vor ihm zu flüchten oder ihn zu konfrontieren. Was aber, wenn der Auslöser „unsichtbar“ bleibt? Was, wenn es sich bei ihm nur um eine „gesichtslose“ Idee handelt, die einem in den Kopf gepflanzt wurde? Dann kann der „Feind“, der einen verraten oder täuschen will, jedes Gesicht annehmen – auch das des Nachbarn oder der eigenen Ehefrau. […]

1. Weltkrieg (2/5) – Kriegseuphorie und Freudenangst im Deutschen Reich

By |2022-07-19T06:12:03+00:00Juli 6th, 2018|AnGSt|

Die politischen Geschehnisse im Frühsommer 1914 und die Reaktionen der deutschen Bevölkerung gingen unter den Begriffen „Julikrise“ und „Augusterlebnis“ in die Geschichte ein. Aus ihnen hervorgegangen ist der Mythos von der deutschen „Kriegseuphorie“. Ihm zufolge sollen die Deutschen den Kriegszustand ihres Landes frenetisch gefeiert haben und den Lemmingen gleich angstlos in den Tod gezogen sein. Für die friedensverwöhnten Nachfolgegenerationen ein kaum nachvollziehbares Verhalten, das bis heute von der Wissenschaft erforscht wird. […]

1. Weltkrieg (1/5) – Europas Urkatastrophe

By |2023-11-17T10:59:01+00:00Juni 22nd, 2018|AnGSt|

Die Angst vor politischer und wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit, persönlichem Prestigeverzicht und sozialer Isolierung waren die Auslöser für den Ersten Weltkrieg (1914-1918). Zwar wurde vor über hundert Jahren offiziell sein Ende verkündet, sein mächtiger Schatten reicht jedoch bis in unsere Zeit hinein. Er markiert schliesslich nicht nur einen Wendepunkt in der Geschichte Europas, das 1918 seine Weltstellung verlor und den USA den Weg zur Weltmacht ebnete. Der „Grosse Krieg“, wie ihn die Zeitgenossen nannten, läutete auch unser modernes Zeitalter ein, das künftig nicht mehr zwischen politischen und ökonomischen Machtinteressen unterscheiden sollte. […]

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